PROJEKTREPORTAGE

Neue Direktion, Köln

Der Himmel über Köln

  • Autorin: Uta Winterhager
  • Fotos: Jens Kirchner, archenova/Ralph Richter

Die Neue Direktion hatte eigentlich alles, was man sich wünschen würde: Lagegunst, Rheinblick, eine herrschaftliche Erscheinung, nur fehlte ihr seit dem Krieg das richtige Dach. Kadawittfeldarchitektur hat das Denkmal aus der Glanzzeit der Eisenbahn vollständig entkernt, eine moderne Bürowelt implantiert und diese mit einem schnittigen Aufbau gekrönt. Dort oben, dem Himmel so nah, fühlen sich die neuen Nutzer ganz zuhause.

Zugreisenden nach Köln bietet die Einfahrt über den Rhein das Bild einer ganz unerhörten ménage à trois: Denn seit über 100 Jahren untrennbar mit dem Dom verbunden sind der Hauptbahnhof und die dramatisch positionierte Eisenfachwerkbrücke, die zur Feier seiner Vollendung zu seinen Füßen errichtet wurden. Entsprechend herrschaftlich gedacht war auch die 1913 von der Königlichen Eisenbahndirektion zu Cöln direkt am Rheinufer gebaute neoklassizistische Dreiergruppe mit Direktionsgebäude und Direktorenvilla. Doch nach dem Auszug der Deutschen Bahn 2001 stand das große Haus, dessen im Krieg zerstörtes markantes Mansarddach nur mit einem flachen Dachgeschoss ersetzt worden war, leer. Es galt als eine schwierige und unwirtschaftliche Immobilie, ungeeignet für eine moderne Büronutzung. Populär war es jedoch als Filmset, für Ausstellungen und Partys, auf denen der angestaubte Pomp wirkungsvoll inszeniert wurde.

Große Gesten damals wie heute machen die Neue Direktion zu einer Landmarke am Kölner Rheinufer. Foto: © Jens Kirchner

In einem von dem neuen Eigentümer ausgelobten Wettbewerb sollten die Teilnehmer Ideen für den Neubau einer ebenso charakteristischen wie denkmalgerechten Dachlandschaft entwickeln, unter der die Nutzfläche des Gebäudes mit hochwertigen Büroarbeitsplätzen erweitert werden kann. Das Büro Graf + Graf (Montabaur) war bereits mit der Planung der Büroflächen beauftragt worden. Der Wunsch war groß, so Kilian Kada, „dem alten Ding etwas aufzusetzen, das zeichenhaft ist“, und das führte schließlich zu einer für kadawittfeldarchitektur so typisch überraschenden Lösung, mit der sie die Jury überzeugen konnte. Und noch eine unerwartete Wendung nahm das Projekt, als kwa Graf + Graf die Zusammenarbeit anbot, um einen Bruch zwischen Unten und Oben zu verhindern.

Die Dachflächen konnten zu Terrassen ausgebaut werden, da die Klimatechnik an der Gebäuderückseite platziert wurde. Foto: © archenova/Ralph Richter

Eine großzügige Treppe mit barrierefreier Rampenanlage betont heute den herausgerückten Portalbereich und muss an dieser Stelle eine Vorfahrt vertreten. Nicht nur funktionale Gründe sprachen dafür, das herrschaftliche Gebäude weiter zu öffnen, so schnitt kwa die Basis der viergeschossigen Säulen an zwei Stellen auf und ergänzte dort jeweils einen weiteren Eingang, über den die Gebäudeflügel auch gesondert erschlossen werden könnten. Die Schnittflächen wurden geputzt und in Steinfarbe gestrichen, bleiben aber als Eingriff erkennbar.
„Ein Dach bauen, um den Blick damit zu vernichten, das konnte nicht sein.“
Gerhard Wittfeld, kadawittfeldarchitektur, Aachen

Von links: Stefan Haass, Gerhard Wittfeld, Jasna Moritz, Dirk Lange, Kilian Kada

 

Lagegunst zwischen Hauptbahnhof und Rheinufer.

Da sich die Substanz hinter den schweren Fassaden als zu marode erwies, um sie zu erhalten, wurde das Gebäude bis auf die Hülle aus Muschelkalk entkernt. Den Architekten eröffnete dies natürlich trotz des wachsamen Auges der Denkmalpflege die Möglichkeit, dahinter eine moderne und vor allem flexible Bürostruktur zu errichten. 30.000 Quadratmeter BGF entstanden auf sieben Etagen, von denen die vier unteren hinter der historischen Hülle liegen.

Zwischen den umlaufenden Aluminiumbändern und der Glasfassade entstehen Terrassen, ein atmosphärischer Mehrwert für die dahinter liegenden Büros. Foto: © Jens Kirchner

Im Juni 2016 bezog die EASA (European Aviation Safety Agency) die Neue Direktion mit rund 800 Mitarbeitern und machte sie zu ihrem Hauptsitz. Wer die Neue Direktion heute betritt, mag über den unerwartet lichten und offenen Empfang erstaunt sein. Kwa ist es hier gelungen, die kostbare, denkmalwerte Ausstattung zu bewahren und in ein wesentlich leichteres, aber nicht weniger beeindruckendes Ambiente zu integrieren. So wurde zum Beispiel der markante ovale Lichthof in der zentralen Halle rekonstruiert, die schmiedeeisernen Geländer dort nach Ausbau, Lagerung und Sanierung passgenau wieder eingebaut. Wo die historische Substanz nicht zu erhalten, aber dennoch gewünscht war, wurde sie mit neuen Materialien rekonstruiert, wie der Mosaikfußboden der Eingangshalle, der Terrazzo und sämtliche nach Abdrücken des Originals angefertigten (aber nicht mehr vergoldeten) Stuckornamente. Die zentrale, zweigeschossige Halle ist nur über eine gläserne Sicherheitsschleuse zu betreten. Rechts schließt direkt der Konferenzbereich mit mehreren unterschiedlich koppelbaren Bereichen an, links die großzügige Cafeteria, von kwa konsequent bis ins letzte Detail gestaltet. So entwickelten sie auch das Leitsystem für das gesamte Haus – naheliegend, sich hier mit dem Thema Aviation zu beschäftigen.

Die schmiedeeisernen Geländer des ellipsoiden Luftraums wurden vor der Entkernung eingelagert, fachgerecht restauriert und im Neubau wieder eingebaut. Die notwendige Absturzsicherung berührt das Original nicht. Foto: © Jens Kirchner

Obschon jede andere Organisationsform möglich gewesen wäre, entschied sich die EASA für Großraumbüros. Dem Gebäude tut dies gut, denn Tageslicht fällt nicht nur rheinseitig, sondern über die beiden Innenhöfe und den zentralen Lichthof allseitig ein. Die Herausforderung für die Planer war es nun, die Kommunikation auf den großen Flächen mit kleinen Einheiten wie Think-Tanks oder Telefonboxen so zu organisieren, dass die Arbeitsabläufe davon profitieren. Eine besondere Rolle spielen darüber hinaus die Teeküchen, die zum informellen Gespräch einladen, auch sie sind großzügig und mit Rheinblick angelegt, die GROHE Red Armaturen ermöglichen Effizienz auch in den kreativen Pausen.

Unterschiedliche Farben, generiert aus einem Sonnenaufgang über dem Rhein, markieren die Stockwerke. Foto: © Jens Kirchner

Schon im Wettbewerb hatte kwa mit der Idee überzeugt, das Volumen des Dachs nicht einfach zu rekonstruieren, sondern die historische Kontur mit umlaufenden Aluminiumbändern nachzuzeichnen, während die eigentliche Glasfassade dahinter ohne Schrägen auskommt. Natürlich bedeutete dies zunächst den Verlust von Mietfläche, doch den Investor überzeugten der Zugewinn an Büroqualität durch die Balkone, die Transparenz des gesamten Aufbaus sowie die prägnante Erscheinung der ungewöhnlichen Symbiose aus Alt und Neu. Die populären Eckbüros sind in der Neuen Direktion nicht den Direktoren vorbehalten, sondern als Besprechungsräume eingerichtet. Überzeugender hätte man die dem Bestand anhaftende hierarchische Ordnung wohl kaum aufbrechen können.

Einfache Bedienung, höchste Funktionalität: GROHE Red liefert jederzeit kochend heißes Wasser.

Architekten

kadawittfeldarchitektur
Aureliusstraße 2
52064 Aachen
www.kadawittfeldarchitekur.de

kadawittfeldarchitektur, 1999 von Klaus Kada und Gerhard Wittfeld in Aachen gegründet, steht heute mit Kilian Kada als einem weiteren geschäftsführenden Gesellschafter und einem Team von über 150 Mitarbeitern für weit mehr als architektonisches Gestalten allein. Die Verknüpfung von Architektur, Innenarchitektur und Design an der Schnittstelle zu städtebaulichen Planungen und urbanen Projekten spiegelt den interdisziplinären Ansatz und die Bandbreite des kreativen Schaffens wider. Das Büro sieht sich keiner einheitlichen Signatur verpflichtet. Die Entwurfshaltung von kadawittfeldarchitektur gründet auf der Überzeugung, dass Architektur die Fähigkeit und Aufgabe hat, über ihre funktionale Bestimmung hinaus Mehrwerte zu schaffen.

Projekte (Auswahl)

2015 Kraftwerk Lausward, Düsseldorf
2015 Grimmwelt, Kassel
2014 Salzburger Hauptbahnhof, Salzburg
2013 Archäologische Vitrine, Aachen
2011 adidas Laces, Herzogenaurach

Produktinformationen

Kochend heißes Wasser direkt aus der Leitung: Mit dem innovativen Wassersystem GROHE Red sparen die Mitarbeiter der EASA viel Zeit beim Zubereiten von Tees und anderen Heißgetränken. Außerdem arbeitet GROHE Red sehr wirtschaftlich und energieeffizient.

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