ESSAY

Holy Foods House, Berlin

13 autarke Minihäuser bilden das Experimentaldorf Holy Foods House auf dem Gelände des Bauhaus Archivs in Berlin.

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Dorfschänke 2.0

  • Autorin: Julia von Mende
  • Fotos: Werner Huthmacher

Zwischen einem Drittel und der Hälfte der Lebensmittel werden in Deutschland verschwendet. Darauf will die Initiative Holy Foods House aufmerksam machen. Das Minihaus ist der Food-Hub im Experimentaldorf auf dem Außengelände des Bauhaus-Archivs in Berlin. Hier findet der Bauhaus-Campus der Tinyhouse University e. V. statt. Im von Van Bo Le-Mentzel kuratierten Projekt soll mit Hinblick auf eine bessere Gesellschaft gewohnt, gebaut und geforscht werden.

Etwa ein Frühstück täglich wirft jeder von uns in den Müll. In den letzten Jahren haben sich zahlreiche Initiativen gegen diese massenhafte Lebensmittelverschwendung gebildet. Vor ein paar Wochen hat Berlins erster Food-Outlet SirPlus für „gerettete“ Lebensmittel eröffnet. Eine naheliegende Strategie gegen Verschwendung ist das Foodsharing: Lebensmittel, die noch genießbar sind, in der direkten Nachbarschaft kostenlos weiterzugeben. Zugegebenermaßen ist die Lage des Holy Foods House – als Teil eines Projekts der Tinyhouse University e. V. auf dem Gelände des Bauhaus-Archivs, Museum für Gestaltung in Berlin – zwischen CDU-Parteizentrale, Landwehrkanal und zwei stark befahrenen Straßen alles andere als nachbarschaftsfreundlich. Aber wer sich auf dem Weg zur Arbeit oder beim Museumsbesuch seiner noch genießbaren Lebensmittel entledigen und damit die Mission des Holy Foods House unterstützen möchte, kann sie dort der Weiterverwendung beim wöchentlichen „After Work Recycled Dinner“ zuführen.

Die Perspektive von der prägnanten Eingangsrampe des Museums aus auf die tiefer gelegenen 13 Minihäuser erinnert an die Inszenierung des Beitrags der Smithsons, „House of the Future“, für die „Daily Mail Ideal Home Exhibition“ in London 1956. Das Wohn-Setting samt kostümierten Darstellern war von oben aus für die Besucher einsehbar. Es handelte sich um einen theoretischen Diskussionsbeitrag.

Nicht als Ausstellung, sondern als Dorf, in dem ein Jahr lang über Bildung und Bauen für eine bessere Welt geforscht wird, will der Kurator und Architekt Van Bo Le-Mentzel, bekannt geworden mit seinem Selbstbaukonzept der Hartz-IV-Möbel, den Bauhaus- Campus verstanden wissen. Einzelne Tiny Houses sind unterschiedlichen Schwerpunkten gewidmet, wie einem virtuellen Grundeinkommen, nachhaltiger Wasserwirtschaft oder eben der Frage „Warum müssen Menschen hungern, wenn so viel Essen weggeworfen wird?“.

Das Holy Foods House wurde von Raphael Behr, Amelie Salameh, Noam Goldstein und Lea Thompson entworfen und gebaut – allesamt keine Architekten. Die Do-it-yourself-Methode steht für die Initiatoren im Vordergrund, dafür wurden auch Camping- Foren konsultiert.

Es soll zugleich Food-Hub und ein sich selbst versorgendes, autarkes Haus sein. Entsprechend den Projektvorgaben ist es auf eine Grundfläche von 10 Quadratmeter beschränkt und bietet zwei Schlafplätze für Menschen in Not – ein Angebot, das nach Amelie Salameh auch angenommen wird. Die Kojen liegen über Küche, Wohnbereich und Bad, woraus sich eine T-Form ergibt. Dem Projektteam geht es um einen nachhaltigeren Lebensstil, in dem durch ein materielles Weniger mehr Unabhängigkeit erreicht wird.

„Normalerweise ist alles im Überfluss da, man muss sich überhaupt keine Sorgen machen. Wir hatten noch nie etwas, bei dem wir nicht wussten, woher wir es kostenlos beziehen können“, beschreibt Amelie den Realisierungsprozess. Fenster wurden auf Ebay-Kleinanzeigen erstanden, nötiges Kleingeld wurde gespendet. Das Lebensmittelregal wird im Wesentlichen von den Netzwerkpartnern wie dem eingangs erwähnten Food-Outlet beliefert. Aber auch große Firmen halfen mit.

Grohe hat für die Minihäuser Küchenarmaturen und Wannenthermostate kostenlos zur Verfügung gestellt.

So zögerte Grohe nicht, für die Wasser rezyklierende Kreislaufdusche Armaturen beizusteuern. Mit einer Terra-Preta-Komposttoilette wird gerade die erste Ladung Erde für den bereits Früchte tragenden Vorgarten hergestellt, ein PV-Paneel soll den Strom für den Kühlschrank und die Dusche liefern. So ganz autark ist das Häuschen noch nicht, aber hier ist alles im Werden: Trinkwasser und Energie für die Küche werden in Kanister und Gasflasche herbeigetragen, das Abwasser wird vorübergehend noch im nächsten Gully entsorgt. Der Beitrag, den das Holy Foods House leistet, ist aber auch weniger baulich-architektonisch zu sehen. Es ist als Dorfschänke Teil einer Performance zu Fragen nach der Nutzung urbaner Infrastrukturen, temporär ungenutzter Ressourcen sowie dem solidarischen Miteinander auf Zeit. Ähnlich wie das „House of the Future“ ist es ein Diskussionsbeitrag – und ein Ort, an dem Menschen in Not etwas zu essen und einen Schlafplatz finden. Holyluja!

Im Hintergrund stets allgegenwärtig: die industrielle Fassade des Bauhaus Archivs. Sie steht im starken Kontrast zur „Kleingartenkolonie“- Atmosphäre des Projektes.

Produktinformationen

Minta, Grohtherm 1000 C Wanne, Tempesta: Die reduzierte Formensprache in Bad und Küche passt perfekt zum nachhaltigen Anspruch der Initiative. Die GROHE Minta Küchenarmatur ist höchst funktional, und die Grohtherm 1000 Wannenthermostate geben das Wasser für die sparsamen Tempesta Handbrausen gradgenau gemischt ab.

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